Folge 25 – Schwertertanz in Traunstein 2018

Jeden Ostermontag um 10 Uhr läuten die Glocken der St. Oswalds Kirchen am Traunsteiner Stadtplatz Sturm, um die Besucher des jährlich stattfindenden Georgirittes willkommen zu heißen. Traditionell wird die Pferdewallfahrt vom Schwertertanz eröffnet. 16 Tänzer, gekleidet in den Farben der Stadt und des Landes Bayern, tanzen „Den jungen zur Freude, das Alter zu Ehren.

Dabei jagen sie „den Winter, den finsteren Gesellen“, dargestellt durch zwei Jungen, auch Wurstln genannt, aus dem Chiemgau hinaus, um stattdessen „den Frühling, den lichten, den hellen“, dargestellt durch den roten Vortänzer, willkommen zu heißen. Dabei wird den Wurstln u.a. symbolisch die Kehle durchgeschnitten und der Frühling triumphiert, auf den Schwertern der Tänzer emporgehoben.

https://www.youtube.com/watch?v=okIeg1Kx18U

Die Ursprünge des Tanzes können bis ins Jahr 1530 zurückverfolgt werden. In den Aufzeichnungen aus der Stadtkammer geht hervor, dass jedem Tänzer 1 Gulden ausgezahlt wurde.

Doch die Tradition ging verloren, warum ist unbekannt. 1922 entdeckte ein Apotheker zufällig die alten Dokumente wieder und der Schwerttanz wurde vier Jahre später zum ersten Mal wiederaufgeführt. Seitdem bildet er am Ostermontag Auftakt (und Schluss) des Georgirittes, einer Pferdewallfahrt mit über 450 teilnehmenden Pferden aus über 13 Gemeinden.

Dass der Schwertertanz und der Georgiritt eine alte Tradition in Traunstein haben, sieht man an den Teilnehmern. Die Tänzer, welche wochenlang unter der Aufsicht ihres Tanzmeisters proben, sind meist die Söhne ehemaliger Tänzer. Doch auch wer nicht (mehr) aktiv tanzt, ist ins Geschehen mit eingebunden, als Ersatztänzer, Fahnenschwinger, Pfeifenbua oder verwaltet als Zeugwart die historischen Kostüme und Sättel. Gerüchten zufolge wird selbst in der Ausschreibung der Stelle des Stadtpfarrers reiterliches Können verlangt.

Doch auch über die Grenzen des Chiemgaus hinaus hat der Schwerttanz u.a. mit Auftritten in Rom und New York Bekanntheit erlangt. Seit 2016 sind sowohl Schwerttanz als auch Georgiritt UNESCO Weltkulturerbe.

In der Zeit ist nur ein Nicht-Traunsteiner als Mittänzer des Schwerttanzes verzeichnet. 2012 trat Jeremy Carter-Gordon, der in New York Ethnochoreologie studierte und sich auf den Schwerttanz spezialisierte, an die Tänzer heran und bat zu Forschungszwecken mittanzen zu dürfen. Ethnochoreologie bezeichnet dabei die Untersuchungen von (Volks-)Tanz in seinem soziokulturellen Kontext.

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